Frau Entz muss in das Dschungelcamp
Wenn
wir abends vor dem Fernseher sitzen, wechselt mein Freund ganz gerne die
Sender, um zu gucken, was ihn gerade interessieren könnte. Eines Abends war er
wieder am zappen und hielt bei der Sendung:
„Dschungelcamp“ an.
Auf
dem Bildschirm wälzten sich die Kandidaten im Matsch, durften bei der Mahlzeit
zwischen lebenden Mehlwürmern und gekochtem Hirschhoden wählen (Wobei ich wohl
mit Genuss den Hoden genommen hätte, denn so eine Sendung kann nur einem Mann
einfallen!) und mussten bei diesen Übungen noch zwei äußerst überhebliche
Moderatoren erdulden. Überrascht sahen wir uns das Gemansche mit Krabbelbeilage
auf dem Bildschirm an und fragten uns, was wohl schlimmer wäre: die Kakerlaken
oder die höchst abwertenden und sadistischen Kommentare der beiden sehr
überheblich wirkenden Moderatoren.
Einige
Tage später, als ich meine Emails checkte, hatte ich eine Botschaft von einem
Bekannten in meinen Mails: Jemand hätte einen Kommentar über mich in facebook gestellt. Ich klickte mich auf meine Seite und in
den Kommentar und sah, dass ein Lehrerkollege bei einer Diskussion über die
Sendung „Dschungelcamp“ geschrieben hatte: „Frau Entz muss in das Dschungelcamp!“
Vor
meinen Augen erschienen die beiden Moderatoren und das Krabbelgetier und ich
postete: „Ich war schon im Dschungel, aber Mehlwürmer musste ich dabei nicht
fressen!“
Da
kam die neugierige Antwort: „Wo warst du denn?“
Also
erklärte ich: „Mein Ex war Entwicklungshelfer und ich habe ihn in den
Semesterferien begleitet, als er in Afrika war. Da waren wir im richtigen
Dschungel und haben alles dafür getan, um nicht von diesem Getier behelligt zu
werden. Die sind nämlich nicht ganz ungefährlich und in Afrika steht nicht an
jeder Ecke ein Krankenhaus! Und bei dieser scheußlichen Sendung würde ich
sowieso nicht mitmachen, auch nicht für eine hohe Bezahlung! Ich bin froh, dass
ich bei den Franzosen lernen durfte: Das war zwar viel Arbeit, aber Mehlwürmer
musste ich nicht fressen!“
„Ach,
das ist doch nur eine Sendung. Die werden alle dafür hoch bezahlt!“
„Ja,
trotzdem finde ich so eine Sendung nicht schön. Wissen die Autoren nicht, dass
in den Viechern noch Bakterien stecken können, die unbekannte Krankheiten
hervorrufen? Ebola soll auf diese Weise übertragen
werden können – die Afrikaner müssen diese Tiere essen, weil sie nichts zu
beißen haben, und die verwöhnten Reichen hier machen das freiwillig! Die
sollten liebe mal wirklich nach Afrika fahren und an
einem sozialen Projekt teilnehmen!“
„Die
Schauspieler bekommen meistens einen guten Job danach!“
„Das
finde ich aber traurig, in einem Land zu leben, in dem man/frau
für ehrliche Arbeit weniger verdient, als wenn man/frau
sich öffentlich demütigt, im Matsch suhlt und Mehlwürmer frisst.“
Einige
Wochen später las ich zufällig in der Bildzeitung, dass alle Kandidaten aus
dieser Sendung inzwischen hoch bezahlte Stellen gefunden hatten. Ich musste an
meine ewigen Zeitverträge für meine soziale Arbeit und meinen jahrelangen
ehrenamtlichen Einsatz denken, und dass man für solche Arbeit anscheinend in
Deutschland keine Stelle bekommt. Ganz im Gegenteil, ist man/frau zu gut und gibt es dann wirklich weniger Kandidaten
für kriminelle Tätigkeiten, kann es sein, dass dann man/frau
auch noch in der Patsche sitzt. Und es gibt zu denken, wenn dann ich einer
Stadt auch keine Hilfe in diesem Falle geleistet wird.